Quantcast
Channel: Juso Blog » Klimaschutz
Viewing all articles
Browse latest Browse all 4

Durban 2011 – Klima gerettet?

0
0

Eines kann man den Verhandlungsdelegationen aus über 190 Ländern, die in den letzten Tagen im südafrikanischen Durban zur 17. UN-Klimakonferenz (COP17) angereist waren, nicht vorwerfen: das sie sich nicht um eine vertragliche Lösung der Klimafrage bemüht hätten. Stellt Euch einfach vor, ein Juso-Bundeskongress oder eine Landeskonferenz würde nicht zwei oder drei Tage dauern, sondern direkt 10 Tage und dann nochmal um einen vollen Tag verlängert werden müssen (obwohl Ihr alle schon eure Rückfahrt gebucht habt), weil in wichtigen inhaltlichen Fragen keine Einigung erzielt wurde. Wenn man sich dazu vergegenwärtigt, dass zusätzlich zu den offiziellen, ganztägigen Verhandlungsprozessen in Plena und Sub-Verhandlungsgruppen noch zahlreiche weitere Termine (die sogenannten “side-events”) und informelle Networking-Treffen hinzu kommen, bekommt man ein Gespür dafür, was die anwesenden VerhandlerInnen leisten müssen um informiert entscheiden zu können. Dies gilt übrigens nicht nur für die PolitikerInnen, sondern auch für die zahlreich angereisten VertreterInnen von NGOs und der Medien. Das bei solchen Veranstaltungsformaten, trotz Schlafmangel, schlechtem Essen, Konferenzzentrumsatmosphäre und punktuellen Sprachbarrieren im informellen Teil, überhaupt irgendwelche Ergebnisse rauskommen, grenzt fast an ein Wunder.

Wenn man um die logistischen, finanziellen und auch persönlichen Anstrengungen weiß, die mit den jährlichen UN-Klimakonferenzen verbunden sind, ist es gleichzeitig jedoch auch unglaublich frustrierend, dass wie in den vergangenen beiden Jahren (Kopenhagen, Cancun) auch dieses Jahr in Durban kein verbindliches, weltweites Klimaübereinkommen verabschiedet werden konnte. Wieder einmal haben rein nationale Interessen die Debatten bestimmt. Wieder einmal gehörten die USA zu den großen Blockierern, diesmal flankiert von Indien und Kanada sowie phasenweise von China. Wieder einmal wurde auf die Menschenrechte (!) der ärmsten Länder der Welt, die am meisten vom Klimawandel bedroht sind, kaum Rücksicht genommen. Wieder einmal verbleibt der Eindruck, dass das was nach diesen Konferenzen als Ergebnis präsentiert wird, den Herausforderungen der Klimakrise in keinster Weise gerecht wird. Wieder einmal ist das Ziel die Erderwärmung bis 2050 auf ein Plus von zwei Grad zu begrenzen ein Stück unrealistischer geworden. Wieder einmal muss konstatiert werden: aus der Perspektive klimawissenschaftlicher Notwendigkeiten und gemessen am Maßstab globaler Gerechtigkeit ist dieser Gipfel gescheitert.

Positiv festzuhalten ist jedoch, dass der Weg hin zu einem rechtlich verbindlichen Abkommen nicht verlassen, sondern punktuell konkretisiert wurde. Der Prozess ist nicht abgebrochen, sondern lediglich verlängert worden. Einige wichtige Grundlagen für zukünftige Entscheidungen wurden gelegt. Da zwischenzeitlich auch ein Abbruch der Verhandlungen bzw. der Konferenz nicht unrealistisch erschien, ist dies von nicht unerheblicher Bedeutung. Diejenigen die sagen: “Das bringt doch alles nichts, ist zu teuer, etc.” muss entgegengehalten werden, dass die intensiven, politischen Dialogprozesse die zwischen den Staaten, aber auch zwischen Regierungen und VertreterInnen der Zivilgesellschaft stattfinden, einen hohen Wert in sich tragen. Dieser Wert ist das Festhalten am Bestreben globale Herausforderungen im Rahmen globaler Strukturpolitik international zu regeln. Dies entspricht unserem Verständnis von Internationalismus. Außerdem wurde erneut deutlich, dass den ärmsten Länder der Welt mithilfe der UN-Konferenzen eine deutlich vernehmbare Stimme gegeben wird. Teilweise im Bündnis mit der EU und stets unterstützt durch diverse soziale und/oder ökologische NGOs konnten sie mit Nachdruck auf ihre Forderungen aufmerksam machen. Dies äußert sich bspw. darin, dass die Arbeitsfähigkeit des Fonds zur Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels für Entwicklungsländern (Green Climate Fund – GCF) konkretisiert wurde. Eine zentrale Einschränkung verbleibt jedoch auch hier: die Finanzierung ist noch nicht geklärt.

Greifbarster Erfolg der Konferenz ist die Fortschreibung des Kyoto-Protokolls, allerdings ist noch unklar ob dieses bis 2017 oder bis 2020 verlängert wird. Außerdem ist seine Wirkung begrenzt, weil die USA nicht beteiligt sind und Japan, Russland, Kanada und Neuseeland bereits angekündigt haben sich nicht einer erneuerten Verpflichtungsperiode zu unterwerfen. Dies begründen sie mit der fehlenden Einbindung der aufstrebenden Schwellenländer, die erst ab 2020 in einem neuen Klimaschutzabkommen integriert und verpflichtet sein sollen. Auch hier also Verzögerung, Vertagung und Geschacher anstelle von Verantwortung.

Fortschrittlich und optimistisch-stimmend sind die Ergebnisse aus Durban, genauso wie die Themensetzung (“Minderung”, “Begrenzung”, “Wer zahlt was?”, “Wer muss verzichten?”, “Katastrophe!”) auf jeden Fall nicht. Dazu müsste endlich konsequent über pro Kopf-Kontingente an CO2, die global für alle Menschen gelten diskutiert werden. Um dies tun zu können ohne das es auf die Menschen bedrohlich wirkt, müssten aber gleichzeitig Lösungswege, Best Practices und Erfolgsmodelle vorgestellt werden, wie ein Wandel hin zu nachhaltigerem Wirtschaften, nachhaltigerem Konsum und nachhaltigerer Mobilität jetzt schon möglich ist.

In die nächste Runde gehen die Verhandlungen dann bei der UN-Konferenz für Nachhaltige Entwicklung (Rio+20) und bei der nächsten UN-Klimakonferenz in Katar Ende 2012. Während dann auf ein Neues versucht werden wird eine rechtlich-verbindliche Vereinbarung zu finden, kämpfen wir Jusos im hier und jetzt für mehr Klimaschutz, eine echte Energiewende und eine gerechtere, nachhaltigere Wirtschaft in unserem Land und international!

Von Tim Schlösser, Mitglied im Landesvorstand der NRW Jusos


Viewing all articles
Browse latest Browse all 4

Latest Images

Trending Articles





Latest Images